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Unsere Clubs

Interview mit dem Cannabis Club Südwest e.V.

Interview mit dem Cannabis Club Südwest e.V.

Wie lange gibt es euren Club schon, seit wann habt ihr eure Lizenz und wie lange hat es gebraucht eure Lizenz zu erhalten?

Unser Verein wurde im Oktober 2023 gegründet. Ab März 2024 wurde der Antrag für die Anbaulizenz vorbereitet und die zugehörigen Konzepte erdacht: Jugendschutz, Hygiene, Beitragsstruktur. Unseren Antrag haben wir dann sofort am 01.07.2024 eingereicht, um möglichst der erste Verein mit Lizenz zu werden. Das hat dann ja auch geklappt, wenn auch wesentlich später als gehofft.

Welche Hauptziele verfolgt ihr mit eurem Club?

Den gemeinsamen Anbau von Cannabis mit unseren Mitgliedern für unsere Mitglieder. Außerdem wollen wir unsere Mitglieder über harm reduction, Konsumverhalten und Jugenschutz aufklären und informieren über Wirkweisen und Risiken. Wichtig ist uns eine sehr hohe Qualität des angebauten Cannabis und der Verzicht auf Kunstdünger und Chemie.

Wie viele Mitglieder habt ihr derzeit?

Zur Zeit haben wir Anbaukapazitäten für etwa 120 Mitglieder aber nur knapp 100 Mitglieder. Das heißt, noch nehmen wir Mitglieder auf, die Beitrittserklärung haben wir direkt online auf unserer Webseite www.cannabis-achern.de.

Welche Kriterien müssen Interessierte erfüllen, um bei euch Mitglied zu werden?

Grundsätzlich muss jedes Mitglied nachweisen, dass es volljährig ist und seit mindesten 6 Monaten dauerhaft in Deutschland lebt. Das schreibt das Gesetz vor. Im Übrigen stellen wir keine besonderen Anforderungen und wollen jeden inkludieren, der Interesse hat.

Wie viel Cannabis baut ihr im Durchschnitt pro Monat an?

Wir sind jetzt kurz vor der ersten Ernte, sodass von Durchschnitt noch keine Rede sein kann, aber unsere Genehmigung ist für 7 Jahre gültig und erlaubt uns Anbaumengen, mit denen wir 500 Mitglieder versorgen könnten. Unsere erste Ernte erfolgt im ersten von 5 geplanten Grow-Räumen, welche in den nächsten Monaten eingerichtet werden. Wir rechnen erst einmal mit einigen wenigen Kilogramm im Monat. Wir starten lieber klein und auf die aktuelle Mitgliederzahl abgestimmt. Da wir als Verein nicht gewinnorientiert arbeiten, hätte ein noch größeres Investment am Anfang auch keinen Sinn ergeben.

Welche Sorten baut ihr an und nach welchen Kriterien wählt ihr diese aus?

Wir haben im ersten Grow drei F1 Hybride und bereiten Stecklinge vor für den zweiten Grow. Dann kommen White Widow, Northern Lights, Delicious Cookies, Marmelata, Golosa, Super Lemon Haze, The Bird, AK47, Gelato, Big Bud und weitere hinzu. Bei der Auswahl verlassen wir uns einmal auf unseren Growmaster und nehmen andererseits möglichst viele Wünsche von Mitgliedern auf.  

Gab es Herausforderungen bei der Einhaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen?

Die gesetzlichen Rahmenbedingen wären eigentlich gut umsetzbar, allerdings wurde den zuständigen Behörden in den Bundesländern ein großer Entscheidungsspielraum eingeräumt: In Bundesländern wie Niedersachsen führt das dazu, dass Anbauvereinigungen schnell aktiv werden durften und durch ihr Engagement aktiv eine legale Alternative zum Schwarzmarkt schaffen können. In Baden-Württemberg geht die zuständige Behörde leider anders an die Sache heran und hat sich viele Hürden ausgedacht, die gar nicht aus dem Gesetz hervorgehen.

Zum Beispiel: Während in Niedersachsen die Vereine in Eigenverantwortung ein Konzept für den Einbruchschutz umsetzen können wird den Vereinen aus BW vorgegeben, extrem hohe Sicherheitsvorkehrungen vorzunehmen und die Einhaltung von DIN-Normen mit Zertifikaten nachzuweisen. So mussten wir eine Alarmanlage einbauen, die eine Richtlinie erfüllt, welche von 15 angefragten Fachfirmen nur eine erfüllen konnte. Außerdem sind RC3-zertifizierte Fenster zwingend gefordert, was Kosten von über 70.000€ allein an unserem Vereinsstandort bedeutet. Das sind Auflagen, die nicht aus dem Gesetz hervorgehen, sondern zusätzlich von der Behörde erdacht wurden – mit dem Ergebnis, dass es den Anbauvereinigungen extrem erschwert wird, den Willen des Gesetzgebers umzusetzen und im Interesse des Gesellschaft den Schwarzmarkt einzudämmen. Parallel zu den überzogenen Forderungen an die Anbauvereinigungen sehen wir, dass der missbräuchliche Verkauf von Medizinalcannabis zu Konsumzwecken über Online-Apotheken floriert und praktisch nicht kontrolliert scheint. Das frustriert natürlich.

Wie finanziert sich euer Club? Werden Beiträge von den Mitgliedern erhoben?

Die Finanzierung war in den letzten 1,5 Jahren sportlich: Wir wollten unsere Mitglieder der ersten Stunden nicht über die Gebühr belasten immerhin darf der Vereinsweck ja erst seit Ende des letzten Jahres durch den Anbau verfolgt werden. Wir hatten bis Februar einen pauschalen Beitrag von 15€ im Monat, um einen Teil der Fixkosten zu decken. Wenn es knappp wurde, ist glücklicherweise der Vorstand eingesprungen und hat Kosten vorausgelegt. Andernfalls hätten wir die erste Anbaufläche heute noch nicht in Betrieb. Ab März geben wir aber nun endlich legal Cannabis an die Mitglieder aus und die Beiträge orientieren sich am jeweilen Bedarf des Mitglieds: Wer mehr abnimmt, hat einen höheren Beitrag als ein Gelegenheitskonsument, der nur 5 Gramm im Monat abnimmt.

Wie sehen die zukünftigen Pläne und Visionen für euren Club aus?

Wir wollen gern neue Mitglieder aufnehmen und einen möglichst großen Teil der Cannabiskonsumenten in unserer näheren Region mit kontrollierter Qualität und Fachwissen und Beratung davon überzeugen, den Schwarzmarkt zu verlassen. Über die nächsten Jahre wollen wir unsere Anbauflächen indoor optimieren und ein Gewächshaus errichten, indem die Abwärme des indoor Anbaus genutzt werden soll. Wir möchten möglichst ressourcenschonend anbauen und dabei helfen, Cannabis gesellschaftlich zu mehr Akzeptanz zu verhelfen. Es braucht einen aufgeklärten Umgang mit Cannabis und mehr Aufklärung und Beratung zu Alkohol und Nikotin. Wir sind überzeugt, dass nur ein gut informierter Mensch auch gute Konsumentscheidungen treffen kann. Das geht nicht, wenn Cannabis nicht enttabuisiert wird.

Gibt es bestimmte Änderungen in der Gesetzgebung, die ihr euch wünscht oder erwartet?

Aus unserer Sicht sind die Anbauvereinigungen ein zentraler Anlaufpunkt für Aufklärung von Konsumenten. Wir würden es im Interesse des Präventionsschutzes für sinnvoll erachten, wenn der Konsum innerhalb des Vereins erlaubt werden würde: So könnten unerfahrene Konsumenten praktische Aufklärung zu harm reduction und verantwortungsbewusstem Konsumverhalten von erfahrenen Vereinsmitgliedern erhalten. Dieses Forum ist im heutigen Gesetz nicht vorgesehen, sodass Wissensvermittlung erschwert ist.

Welchen Rat würdet ihr anderen geben, die einen Cannabisclub gründen möchten?

Es gründet sich gerade der Dachverband für Anbauvereinigungen in BW… Der Dachverband ist eine gute Anlaufstelle für Vereine, die die Anbauerlaubnis anstreben. Grundsätzlich ist das Genehmigungsverfahren leider sehr zeitintensiv und kostspielig, als Gründer sollte man den Aufwand nicht unterschätzen und einen langen Atem haben.

Welche Trends seht ihr in der Cannabisindustrie in Deutschland?

Zur Zeit werden die Onlinerezepte von vielen Konsumenten als Bezugsquelle für Konsumcannabis genutzt, was zwar besser als organisierter Schwarzmarkt ist aber nicht im Sinne des Gesetzgebers. Wir erwarten, dass sich in den kommenden Jahren eine größere Nachfrage nach Qualität entwickelt: Bisher haben viele Konsumenten am Schwarzmarkt keine Informationen zu Qualität und Herkunft erhalten und mussten mit Verunreinigungen rechnen. Mit zunehmender Zahl an Anbauvereinigungen werden Konsumenten informierter und aufgeklärter konsumieren. Selbst ein mittelmäßiger Grow in einer Anbauvereinigung ist um Welten hochwertiger als durchschnittliche Schwarzmarktware oder Apothekengras. Ich denke, Qualität wird sich durchsetzen. Leider sehe ich mittelfristig wenig Hoffnung für Fachgeschäfte – das wäre der richtige Weg gewesen, ist aber leider an der CDU/CSU gescheitert, die statt Fakten mit Vorurteilen argumentieren. Ich hoffe, die neue Bundesregierung führt Millionen Bundesbürger nicht sinnlos und ohne Alternative zurück in die Kriminalität. Die Teillegalisierung ist ein großer Schritt nach vorn für Präventionsarbeit und Jugendschutz.